Tag 4-7 von Mendoza nach Puenta del Inca
Mein erster Eindruck von Mendoza ist, dass diese Stadt wie meine Heimatstadt Bischkek aussieht: Wasserkanäle aka Levadas und Bäume entlang der Straßen, der rechteckige Grundriss der Stadt, sogar Häuser, die hinter hohen Zäunen mit großen Toren versteckt sind. Wie in Bischkek reicht auch hier in Mendoza ein Tag, um alle Sehenswürdigkeiten anzuschauen – einen riesigen Park, den Unabhängigkeitsplatz und wunderschöne Fußgängerzonen. Touristen kommen aber eher wegen Essen und Wein nach Mendoza. So viel Fleisch hatte ich in diesen paar Tagen, wahrscheinlich habe ich das ganze Jahr nicht so viel gegessen. Das Fleisch hier ist unglaublich: es wird zart und saftig.
Alle Teammitglieder trafen bald nacheinander ein: von den Pink Summits hatten wir dieses Mal Rüdiger, der letztes Jahr die Expeditionen zum Pik Leipzig und Pik Putin mitgemacht hat. Alle anderen waren neu für mich. Ein Teilnehmer hatte Pech: Sein Gepäck kam nicht rechtzeitig an und er musste in der Stadt bleiben und warten. Dies bedeutete leider zusätzliche Kosten. Daher ist es bei solch teuren Expeditionen sehr wichtig, eine Reiseversicherung für den Fall von Gepäckverlust oder -verspätung abzuschließen, damit man nicht zusätzliches Geld für die Anmietung oder den Kauf von Ausrüstung ausgeben muss. Es ist ratsam, auch Tickets bei der Expeditionsfirma zu kaufen. In diesem Fall ist dieses Unternehmen für alle Probleme mit dem Flug und dem Gepäck verantwortlich. Oder wie wir reist man ein paar Tage vor Expeditionsbeginn auf eigene Faust an.
Ich hatte nicht viel Freizeit in Mendoza. Die ganze Zeit frei von Essen, Gesprächen und Spaziergängen arbeitete ich. Am Ende des Jahres gab es viel Stress bei meinen Jobs. Ich musste sogar kurz vor unserer Akklimatisierungswanderung in der Nähe von Puenta del Inca in der Schlucht arbeiten. Ich wurde von anderen Bergsteigern schief angeschaut, als ich zu Beginn der Expedition meinen gigantischen Arbeitslaptop, Tastatur und Maus zückte und bis Mitternacht arbeitete. Seltsamerweise bin ich sehr produktiv und schaffe es, auf Reisen viel zu erledigen.
Tag 7 – Puenta del Inca
Auf dem Weg nach Puente del Inca hielten wir zum Mittagessen in einem der Straßenrestaurantsan. Die Wahl war nur zwischen einem All-you-can-eat-Mittagessen oder einem Gericht von der Karte zum Preis des Buffet-Mittagessens 🙂 Man hat die Wahl, aber gleichzeitig keine Wahl: Jeder musste doch ein Buffet bestellen.
In Puente del Inca kamen wir zuerst im Lager an, wo wir unser Gepäck auspacken und einen Teil zum oberen Basislager und den anderen Teil zum unteren schicken mussten. Es war nicht einfach zu entscheiden, was genau ins obere Lager geschickt werden sollte, denn es ist nicht klar, welches Wetter uns in den ersten drei Tagen der Expedition erwartet. Ich wollte auch nicht viel mitschleppen, habe mich aber dennoch eine vernünftige Entscheidung getroffen: Etwas Schutz vor Wind, Regen und Kälte muss ich unbedingt mitnehmen.
Wir hatten erwartet, an diesem Tag in einem Hotel in Penitentes zu übernachten, aber wir wurden stattdessen zu einer Armeeeinheit gebracht. Stellt Ihr Euch meine Überraschung vor, als ich am Eingang einen Soldaten mit einer Waffe vom Typ Kalaschnikow sah. Wir wurden gewarnt, dass wir eine andere Unterkunft haben werden, aber die Tatsache, dass wir in einer funktionierenden Militärkaserne wohnen würden, war eine völlige Überraschung für uns.
Drinnen war alles spartanisch: Schlafräume mit Etagenbetten für 6-8 Personen, Gemeinschaftsduschen, stinkende Toiletten und Waschbecken ohne Seife. Irgendwie war es aber cool, schließlich hatte ich noch nie eine Nacht in einem Armeeheim verbracht. Für Armee-Verhältnisse, denke ich, hatten wir immer noch schicke Bedingungen mit frischer Bettwäsche, heißem Wasser und einem leckeren Abendessen.
Aber der Abend war chaotisch: Viele Bergsteiger trafen ein und die Küche kam nicht hinterher. Dort arbeiteten nur zwei Personen: ein Koch und ein Kellner. Gleichzeitig war der Kellner Receptionist, Dolmetscher und Logistiker. Ich war total erstaunt, wie sie das alles geschafft haben. Armeedisziplin vielleicht?
Nach dem Abendessen erwartete mich eine kalte und lange Nacht: Ich habe nicht gut geschlafen und gleichzeitig war mir die letzten Tage schlecht. Ich hatte eine Erkältung mit Husten, Kopfschmerzen, Halsschmerzen und laufender Nase. Gut, dass ich mindestens kein Fieber hatte. Wie soll ich jetzt krank auf Berge steigen?
Tag 8 – Erste Akklimatisierungstour
Nach einem herzhaften Frühstück machen wir uns auf den Weg entlang der Eisenbahn zur Brücke über den Fluss Mendoza. Es war sonnig und sehr heiß. Mein ganzer Rücken war total verschwitzt. Die Eisenbahnbrücke war nichts für die mit schwachen Nerven und Höhenangst – zwischen den Balken klafften riesige Öffnungen. Ich hatte nur einen Gedanken: wie ich nicht in diesen stürmischen Fluss oder auf die großen Steine runterfallen sollte. Ein solcher Sturz hätte sicherlich mit schweren Verletzungen, wenn nicht sogar mit dem Tod beendet.
Nachdem wir die Brücke überquert hatten, ging es hoch in die Berge. Das Wetter hatte sich schnell geändert: Es wurde plötzlich kalt und bewölkt, dann blies ein starker Wind, ein Gewitter begann mit beängstigendem Donner, und schließlich fing es an zu schneien. Alle möglichen und undenkbaren Wetterbedingungen passierten in nur einer Stunde.
Oben auf dem Berg haben wir schnell gegessen und sind direkt wieder runter gegangen – es war sehr kalt da oben. Länger wollten wir dort nicht bleiben, trotz der wunderschönen Panoramen um uns herum: Ein Teil des Mount Aconcagua war vor uns sichtbar, die tiefe Schlucht von Mendoza lag unter uns, und atemberaubende Berglandschaften, die den Felsen des Wilden Westens ähnelten, öffneten sich hinter uns auf. Es war aber sehr unangenehm, hinunterzugehen: Es gab viel Staub und Geröll, das ständig in die Stiefel gelangte. Wenigstens kam die Sonne raus und es wurde sofort wärmer.
Nachdem wir diese gefährliche Brücke erneut überquert hatten, gingen wir zum Bergsteigerfriedhof, wo jedes Begräbnis mit Stiefeln, Eispickeln und anderer Bergsteigerausrüstung der Verstorbenen geschmückt war. Dies ist eine weitere Erinnerung wie gefährlich Berge sein können. Das Wichtigste für uns alle ist, lebend und gesund zurückzukehren.
Der Tag endete wieder in Puente del Inca: Einige von uns surften im Internet, andere tranken Bier. Ich wollte Magnete für meine Mutter kaufen. Sie sammelt ja sie fleißig: Zuhause in Bischkek haben wir schon einen ganzen Kühlschrank voller Magnete. Als ich meine Mutter fragte, was sie tun wird, wenn es auf dem Kühlschrank kein Platz mehr für ihre Magnete gibt. Sie antwortete: „Ich kaufe einen neuen Kühlschrank!“
Nachdem ich meiner Mutter ein paar Nachrichten geschickt hatte, um ihr mitzuteilen, dass es mir gut ging, kehrte ich mit Chris ins „Hotel“ zurück. Nachdem ich heiß geduscht und Paracetamol getrunken hatte, fühlte ich mich viel besser, aber ein starker Husten quälte mich leider den ganzen Tag und die ganze Nacht.
Nicholas kam während des Abendessens an: Sein Gepäck kam immer noch nicht an und er musste Dinge zu exorbitanten Preisen kaufen oder mieten. Am wichtigsten ist, dass wir alle zusammen sind und jetzt als Team bereit sind, zu unserem ersten Camp namens Confluencia zu gehen.